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Der kippende Besenstiel - Das Ersatzprotokoll der Gruppe 322

Dieser außergewöhnliche Versuch wurde von Kira Bode und Anton Gericke (Gruppennummer: 322) durchgeführt.
Die Wiki-Seite ist auf dem Stand vom 3. January 2021.


Vorüberlegungen

Die Kippbewegung hängt von einigen physikalischen Größen ab. Um diese Zusammenhänge zu verstehen beschäftigen wir uns hier mit einigen Vorüberlegungen zur Bewegung des Besenstiels anhand der in der Versuchsanleitung gestellten Fragen.

Beschreiben Sie die Kippbewegung mithilfe physikalischer Begriffe.

Solange sich ein Körper in seiner Gleichgewichtsposition nicht bewegt, spricht man von einem statischen Gleichgewicht. Wenn der Körper ungestört bleibt, ist die Summe aller auf ihn wirkenden Kräften und Drehmomente gleich null und somit erfährt dieser keine Translations- oder Rotationsbeschleunigung. Wenn der Stab bei einem Winkel von $\phi=0^\circ$ (in Betracht auf das Lot des Bodens) ruht, spricht man von einem labilen Gleichgewicht, da jede infenitesimale Veränderung eine Bewegung augrund eines vorhandenen Potentials hervorruft. Im Falle unseres Beispiels, eines kippenden Besenstiels, handelt es sich um das Potential der Gravitationskraft.

Fig. 2: Auslenkung aus der Gleichgewichtslage [Gia09, S. 417] Fig. 1: Labiles Gleichgewicht eines Bleistifts [Gia09, S. 417]

Wenn sich der Schwerpunkt des Gegenstands in seiner Grundfläche befindet spricht man somit von einem labilen Gleichgewicht. In diesem Zustand wird die Gewichtskraft des Stiftes durch die gleich große, aber entgegengestzte Normalkraft des Tisches ausgeglichen (siehe Abb. \ref{pic:kippender stift}a). Sobald der Gegenstand jedoch etwas aus seiner Ruhelage ausgelenkt wird, befindet sich sein Schwerpunkt nicht mehr im Bereich der Grundfläche und somit bewirkt die Gewichtskraft einen Drehmoment auf das jeweilige Objekt (siehe Abb. \ref{pic:kippender stift}b). Somit gelangen wir zur Definition eines Drehmomentes:

\begin{align} \Vec{M}=\Vec{r}\times \Vec{F}=r\cdot F \cdot sin(\alpha)=\frac{d\Vec{L}}{dt}=I\cdot \alpha \label{eq:Drehmoment} \end{align}

Im labilen Gleichgewicht ist das Drehmoment $\Vec{M}=\Vec{r}\times \Vec{F}=0$ da $\Vec{r}\parallel \Vec{F}$, da es sich hier um eine Rotationsbewegung handelt, gilt die allgemeine Bewegungsgleichung: \begin{align} \varphi=\varphi_{0}+\omega\cdot t+\frac{1}{2}\,\alpha\cdot t^2 \label{eq:bewegungsgleichung} \end{align}

Vernachlässigt man die Luftreibung, so hängt bei gleicher Stablänge die KippzeitT nicht von der Stabmasse m ab.

Zum Verständnis dieser Aussage wird das, in der Regel bekannte, Experiment zum freien Fall einer Feder und eines Steines mit unterschiedlichen Massen betrachtet. Werden Feder und Stein im Umgebungsmedium Luft gleichzeitig fallen gelassen, trifft der Stein vor der Feder auf den Boden auf. Wird dieses Experiment jedoch im Vakuum, d.h. ohne Luftreibung durchgeführt, kann ein gleichzeitiges Auftreffen des Steines und der Feder beobachtet werden. Dieses lässt darauf schließen, dass im freien Fall diese Masse für die Fallzeit nicht relvant ist, wenn die Luftreibung vernachlässigt werden kann. Dieses Ergebnis kann auf den in der Aussage betrachteten Versuch übertragen werden, da durch andere, die Kippzeit betreffende Variablen, wie das durch die Stablänge variierende Moment nicht verändert werden.

Alltägliche Erfahrung: Je kleiner der Anfangswinkel ist, desto größer ist die Kippzeit T.

Wenn wir Gleichung (\ref{eq:bewegungsgleichung}) betrachten und Annehmen, dass wir das Objekt ohne Anfangsgeschwindigkeit fallen lassen ergibt sich folgende Gleichung: \begin{align} \varphi&=\varphi_{0}+\frac{1}{2}\,\alpha\cdot t^2\\ T&=t= \sqrt{\frac{2 (\varphi-\varphi_{0})}{\alpha}} \label{eq:kippzeit} \end{align}

Anhand von Gleichung (\ref{eq:kippzeit}) sehen wir: Je kleiner der Anfangswinkel $\varphi_{0}$, desto länger die Kippzeit T und somit bestätigt sich unsere alltägliche Erfahrung.

Welchen Einfluss hat die Stablänge?

Als erstes Betrachten wir den Kippprozess per Energieerhaltung: Vorm Fallenlassen besitzt der Stab ausschließlich Potentielle Energie (wobei die Höhe des Mittelpunkts/ Schwepunkts zur Berechnung genommen wird) und beim Aufprall nur noch Kinetische bzw Rotationsenergie:

\begin{align} E_{Pot}&=E_{Kin} \label{eq:energieerhaltunggrob}\\ m\,g\,\frac{L}{2}\,cos(\alpha)&=\frac{1}{2}\,I_{neu}\,\omega^2 \label{eq:energieerhaltung} \end{align} Nun bestimmen wir das Trägheitsmoment $I_{neu}$ per Satz von Steiner, wobei $I_{s}=\frac{1}{12}\,m\,L^2$ das Trägheitsmoment für einen Stab ist. \begin{align} I_{neu}&=I_{s}+m\,d^2\\ I_{neu}&=\frac{1}{12}\,m\,L^2+\frac{3}{12}\,m\,L^2=\frac{1}{3}\,m\,L^2 \end{align} Setzen wir dies nun in Gleichung (\ref{eq:energieerhaltung}) ein erhalten wir: \begin{align} m\,g\,\frac{L}{2}\,cos(\alpha)&=\frac{1}{2}\,(\frac{1}{3}\,m\,L^2)\,\omega^2\\ \omega&=\sqrt{\frac{3\,g\,cos(\alpha)}{L}} \label{winkelgeschwindigkeit} \end{align}

Wenn wir nun die Winkelgeschwindigkeit betrachten, erkennen wir, dass $w \sim \frac{1}{\sqrt{L}}$ ist. Je größer die Länge des Stabs, desto geringer seine Winkelgeschwindigkeit beim Aufprall auf den Boden. Wenn die Winkelgeschwindigkeit am Ende geringer ist, muss folglich der Stab auch langsamer fallen. Somit erhöht sich auch die Fallzeit in Abhängigkeit der Stablänge.

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus diesen Experimenten für das Jonglieren? Wie sollte der Stab beschaffen sein, damit das Jonglierenmöglichst leicht gelingt?

Es sollte sich um einen langen Stab handeln, da sich bei diesem die Winkelgeschwindigkeit langsamer verändert und somit mehr Zeit für Korrekturen des Stabes Möglich ist (vergleiche Gleichung (\ref{winkelgeschwindigkeit})). In diesem Versuch haben wir größtenteils die Luftreibung vernachlässigt, jedoch besitzt ein leichter Stab weniger Gewicht bei gleicher Oberfläche und erfährt somit mehr Luftreibung, welche seine Winkelgeschwindigkeit verringert. Außerdem erkennen wir anhand von Gleichung (\ref{eq:energieerhaltung}), dass $\omega\,\sim\,\sqrt{\frac{1}{I_{neu}}}$. Indem wir das Trägheitsmoment erhöhen, können wir die Winkelgeschwindigkeit bzw die Veränderung der Ortes des Stabes verringern. Eine einfache Faustregel ist: Je weiter die Masse vom Drehzentrum weg zentriert ist, desto höher das Drehmoment.

Experimentelle Betrachtung der Kippzeit (Messungen)

Versuchsaufbau

Fig. 3: Realer Versuchsaufbau im Freien (Besenlänge von 120 cm)

Aufbau:

  • Anbringen einer horinzontal ausgerichteten Wasserwaage bei verschiedenen Höhen $h_{Waage}$
    • Einstellen des Anfangswinkels über diese Höhe (Nutzung trigonometrischer Funktionen)

\begin{align}\phi_0=\arccos(\frac{h_{Waage}}{l_{Besen}})\end{align}

Fig. 4: Skizzierter Versuchsaufbau zur Erklärung der Anfangsauslenkung

  • Ansetzen der Schaumstofffläche des Haushaltsbesens anhand einer gleichbleibenden Linie auf dem Boden in allen Versuchsdurchgängen
  • Anheben des Stabendes auf Höhe der Wasserwaage und manuelles fallenlassen

Art der Zeitmessung:

  • Messung der Zeit mit der akustischen Stoppuhr von Phyphox
    • Geben eines manuellen akustischen Signals durch die durchführende Person zum Start der Messung bei gleichzeitigem Fallenlassen des Stabes (Einfluss der Reaktionszeit beachten!)
    • Stoppen der Zeitmessung durch das akustische Signal beim Auftreffen des Besenstiels auf dem Boden ($\phi=\frac{\pi}{2}$)
  • Positionierung des Smartphone mittig zwischen den akustischen Signalen (Einfluss der Schallgeschwindigkeit vermindern)

Variationen:

  • Änderung von…
…Besenlänge …Masse …Oberfläche
150cm.jpgFig. 5: Versuchsaufbau mit einer Besenlänge von 150 cmrohr_papier_2.jpgFig. 6: Versuchsaufbau mit variierender Masset_papier.jpgFig. 7: Versuchsaufbau mit variierender Oberfläche

Systematische Unsicherheit der Zeitmessung

M1:Bestimmung der Schrecksekunde

Zur Berücksichtigung der Reaktionszeit der durchführenden Person beim Fallenlassen des Stabes und Geben des akustischen Signals zum Starten der akustischen Stoppuhr, stoppt diese Person die “normale” Stoppuhr des Smartphones möglichst genau auf 5 Sekunden.

Es ergaben sich folgende Messdaten:

Durchgang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Zeit [s] 5,15 5,16 4,97 5,01 4,92 5,09 5,18 5,01 4,92 5,01
Abweichung $\Delta t_i$ [s] 0,15 0,16 0,03 0,01 0,08 0,09 0,18 0,01 0,08 0,01

Einfluss der Luftreibung

M2:Variation der Masse

Massen Längen
\begin{align}m_{Papierrolle}=(189\pm 1)g \end{align}\begin{align}l_{Besen}=(120\pm 0,5)cm \end{align}
\begin{align}m_{Rohr+Papierrolle}=(496\pm 1)g\end{align}\begin{align}h_{Waage}=(110\pm 0,5)cm \end{align}
Durchgang Kippzeit t in s
mit Papierrolle mit Rohr und Papierrolle
1 0,58 0,623
2 0,624 0,649
3 0,61 0,656
4 0,607 0,684
5 0,604 0,63

M3:Variation der Oberfläche

Massen Längen
\begin{align}m_{Rohr+Papierrolle}=(496\pm 1)g \end{align}\begin{align}l_{Besen}=(120\pm 0,5)cm \end{align}
\begin{align}m_{T-Papier}=(503\pm 1)g\end{align}\begin{align}h_{Waage}=(110\pm 0,5)cm \end{align}
Durchgang Kippzeit t in s
mit Rohr und Papierrolle mit 4 Rollen Toilettenpapier
1 0,623 0,645
2 0,649 0,658
3 0,656 0,644
4 0,684 0,641
5 0,63 0,652

Kippzeit bei Variation der Besenlängen

M4: Besenlänge von 120 cm

Masse Länge
\begin{align}m_{Besen}=(489\pm 1)g \end{align}\begin{align}l_{Besen}=(120\pm 0,5)cm \end{align}
Kippzeit $t_i$ im Durchgang i
$h_{Waage}$ $t_1$ [s] $t_2$ [s] $t_3$ [s] $t_4$ [s] $t_5$ [s]
1201,3211,3961,421,3031,245
1190,8560,8880,8110,8090,75
1180,70,7570,7230,6230,664
1160,6310,5830,6920,7060,633
1130,5770,5850,5310,590,528
1090,5210,5460,5010,5130,535
1040,5130,4890,5150,5330,516
98 0,4710,4330,5450,4810,462
92 0,3940,4140,4330,3840,41

M5: Besenlänge von 150 cm

Masse Länge
\begin{align}m_{Besen}=(489\pm 1)g \end{align}\begin{align}l_{Besen}=(150\pm 0,5)cm \end{align}
Kippzeit $t_i$ im Durchgang i
$h_{Waage}$ $t_1$ [s] $t_2$ [s] $t_3$ [s] $t_4$ [s] $t_5$ [s]
1501,6421,81,8181,7651,74
1490,8490,8570,8540,9050,859
1470,8090,8180,7650,7760,784
1450,770,780,7260,7540,759
1410,6840,6940,7060,7340,727
1360,6430,6360,660,6470,664
1300,6050,6380,6420,5980,656
1230,5620,5520,5540,5230,599
1150,5010,5120,5250,5070,515

Theoretische Betrachtung mit dem Zeitschrittverfahren (Programm)

Literatur

[Gia09] Douglas C. Giancoli.Physik: Lehr- un Übungsbuch. 3., erw. Aufl. Pearson Studium - Physik. München: Pearson Deutschland und Pearson Studium, 2009.ISBN:978386894023

Diese Seiten

Diese Seite und ihre Unterseiten sind Ihr Bereich im APwiki für die Bearbeitung des Heim-Versuchs “Kippender Besenstiel”. Er soll die Funktion übernehmen, die im Präsenzpraktikum das Heft hat. Das heißt, es ist Ihre Logbuch für das, was Sie konkret experimentell und bei der Programmierung durchführen.

Legen Sie Fotos ab, notieren Sie Messwerte, laden sie ihr Programm hoch. Form und Formatierung sind dabei zweitrangig.

Damit dieser Bereich diese Aufgabe erfüllen kann, haben wir ihn mit speziellen Zugriffsrechten ausgestattet:

  1. Ihre Gruppe hat das exklusive Schreibrecht für diese Seite.
  2. Die Seite ist nur für Ihre Gruppe, die Tutoren und die Praktikumsleitung einsehbar.

Unten auf dieser Seite finden Sie einen Abschnitt “Diskussion”. Über diesen Abschnitt findet die Kommunikation mit Ihrem Tutor statt. Sie oder er wird Ihnen dort Rückmeldung zu Ihrem Versuchsbericht geben.

Hier im Wiki gibt es Hinweise für die Formatierung ihres Versuchsberichts mit Latex. Den Versuchsbericht geben Sie dann im Ilias ab.

Alles, was beim ersten Aufruf auf der Seite zu lesen ist, soll Ihnen den Start erleichtern. Sie können es nach Belieben löschen und durch Ihre eigenen inhalte ersetzen.

Computerprogramm

Dokumentieren Sie hier im Wiki das Programm, das Sie für die Lösung der Bewegungsgleichung des Besenstiels geschrieben haben. Dafür eignet sich dafür besonders gut die Umgebung <code>. Wenn Sie dieser Umgebung mitteilen, in welcher Sprache das Programm geschrieben wurde wird die Syntax automatisch farbig hervorgehoben. (Dokumentation dazu) 1)

Außerdem ist es möglich einen Link zum Download des präsentierten Programm-Codes anzuzeigen. Dazu geben Sie in dem einleitenden code-Tag einen Dateinamen an. Der Download bezieht sich unmittelbar auf das Im Editor eingetragene Programmstück. Ein getrennter Upload ist nicht nötig.

Beispiel:

<code c [enable_line_numbers="true"] hello-besenstiel-world.c >
#include <stdio.h>
int main()
{
   printf("Hello, World!");
   return 0;
}

wird dargestellt als

hello-besenstiel-world.c
  1. #include <stdio.h>
  2. int main()
  3. {
  4. printf("Hello, World!");
  5. return 0;
  6. }

Bilder einbinden

Ihr Versuchsaufbau sollte so beschrieben sein, dass er für sich stehend verständlich ist - gerne mit einem Foto.

Ein Bild laden Sie ins Wiki, indem Sie im Editor in der Knopfleiste auf den kleinen Bildrahmen klicken. In einem neuen Fenster öffnet sich ein Dialog mit einem Dateibaum. Dort navigieren Sie zu “Ihrer” Baustelle (a_mechanik:kippender_besenstiel:gruppenseiten:gruppe322). Anschließend nutzen Sie den Dialog auf der rechten Seite, um Ihr Bild hochzuladen. Mit einem Klick auf die Zeile ihres Bildes erzeugen Sie im Hauptfenster einen Befehl, der das Bild lädt.

Im einfachsten Fall landet ein Bild direkt an der Stelle im Text, an der Sie es eingefügt haben (Siehe de:wiki:syntax#bilder_und_andere_dateien. Hier gibt es einen Überblick, was sonst noch möglich ist.

Tabellen

Für eine Tabelle mit Ihren Messwerten gibt es im oben im Editfenster des Wikis eine Hilfsfunktion. Sie versteckt sich hinter einem Knopf der so aussieht, wie ein hellblauer Taschenrechner.

Syntax und Funktionen im Wiki

1)
Die Liste der Programmiersprachen in der deutschsprachigen Dokumentation ist bei weitem nicht vollständig. Siehe die englische Variante
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